ADHS bei Frauen – Aufklärung und Empowerment

In diesem Beitrag teile ich mit euch meine Erfahrungen als Frau mit ADHS und räume mit einigen Vorurteilen auf, die mir auf meinem eigenen Weg begegnet sind. Ich hoffe, dass ich damit einen kleinen Beitrag dazu leisten kann, dass sich andere mit ihrem Weg nicht so alleine fühlen. Mir ist es wichtig, die Erlebniswelt von Erwachsenen mit ADHS sichtbar zu machen. Denn wir sind keine Diagnosekriterien, sondern Menschen, die ihre Welt durch ihre ganz individuelle Brille der Neurodivergenz erleben. Hier also einige Beispiele, die mir selbst und vielen anderen in der ADHS-Community aufgetaucht sind.

«Aber du warst doch gar nicht schlecht in der Schule»

Das Vorurteil, dass Menschen mit ADHS zwangsläufig schlecht in der Schule sein sollen, hält sich hartnäckig. Es mag für einige stimmen, doch es sollte kein Ausschlusskriterium für die Diagnose sein. 

Denn viele von uns kamen gut durch die Schulzeit, weil wir mit Hochbegabung oder hoher Intelligenz gewisse „Defizite“ (aus Sicht der Gesellschaft) ausgleichen. So viele Menschen mit ADHS haben studiert und sind in diversen Feldern erfolgreich!

Logischerweise hat das auch mit Privilegien zu tun – etwa ein gutes Umfeld und genügend Unterstützung – doch wir sollten uns wirklich von diesen veralteten Stereotypen lösen und anerkennen, dass ADHS in vielfältigen Formen auftritt.

«Können Frauen überhaupt hyperaktiv sein?»

Statistisch gesehen werden Frauen häufiger mit dem unaufmerksamen Typ – früher ADS genannt – diagnostiziert. Allerdings ist es wichtig zu beachten, dass auch Frauen den Mischtyp oder den hyperaktiven Typ haben können.

Die Hyperaktivität wird oft nach innen gerichtet, da Mädchen auch heute noch darauf sozialisiert werden, ja nicht aufzufallen, laut zu sein oder andere zu stören. Ich selbst habe mich als Kind oft versucht zu beherrschen. Mit dem Ergebnis, dass ich in meinem Inneren einen Wirbelsturm

Bei mir äussert sich ich meine Hyperaktivität – ich weiss, dass ich der Mischtyp bin, auch wenn ich mit ADS diagnostiziert wurde – heute in innerer Unruhe, Rastlosigkeit, Gedankenkarussell und nervösem Herumnesteln in Gesicht und Haaren. 

Der Leidensdruck bei ADHS ist von aussen nicht sichtbar

Obwohl viele ADHS-Betroffene von aussen gesehen „Ihr Leben im Griff“ haben mögen, ist der innere Leidensdruck oft immens. Wir investieren viel Energie, um "normal" zu funktionieren, und kämpfen mit Unsicherheit, Komplexen und Identitätsproblemen. Letzteres kommt daher, dass wir oft unsere wahren Seiten verstecken, aus Angst, andere könnten uns nicht mehr mögen. Kein Wunder – haben wir doch schon so oft Ablehnung erlebt! 

Es ist wichtig, dass Fachperson diesen Leidensdruck anzuerkennen. Viel zu oft wird ADHS erst zum Thema und auch erst dann diagnostiziert, wenn sich andere durch das Verhalten gestört fühlen. 

Doch ADHS ist weder eine Verhaltens- noch psychische Störung, es ist eine neurbiologische Entwicklungsstörung, oder wie einige sagen: eine neurologische Differenz in der Entwicklung. Das heisst, vieles spielt sich in unserem Innern ab. 

Niemand hat ein Recht, uns unser Empfinden abzusprechen. Wenn wir unter etwas leiden und wir uns eingeschränkt fühlen, dann ist das legitim. Darum ist es im Diagnoseprozess auch so wichtig, dass wir unser Erleben nicht selbst herunterspielen und nicht herunterspielen lassen.

Komorbide psychische Krankheiten machen die ADHS-Diagnose kompliziert

Spät diagnostizierte Frauen – oder generell Erwachsene mit ADHS haben oft zusätzlich psychische Erkrankungen und Probleme, die durch jahrelange Anpassung entstanden sind. Fehldiagnosen wie Angststörungen oder Borderline sind insbesondere bei Frauen daher leider häufig. Auch ich hab einen Strauss von Diagnosen wie Depressionen, Angststörung und eine Persönlichkeitsstörung.

Es mag ja sein, dass das nach wie vor auch korrekt ist - meine Angststörung besteht ganz klar neben ADHS. Doch es ist meiner Meinung nach so entscheidend, ADHS als mögliche Ursache dieser Probleme mit in Betracht zu ziehen, da so Schlimmes verhindert werden kann. 

Ich hätte so viel früher aus gewissen Mustern aussteigen und meine Burnouts verhindern können, hätte ich das früher gewusst. Und so geht es ganz vielen Menschen, die spät diagnostiziert wurden. Es ist ein richtiger Trauerprozess, den viele von uns da durchschreiten müssen. 

Weibliche Hormone und ADHS

Die Auswirkungen von Hormonschwankungen auf die ADHS-Symptomatik und die Wirkung von Medikamenten werden oft ignoriert, weil Hormone ein sehr komplexes Thema ist. 

Menschen, die menstruieren, werden zudem oft aus medizinischen Studien ausgeschlossen, weil Ergebnisse aufgrund der Hormone nicht konstant ausfallen.

Dabei ist es zentral, sich damit auseinanderzusetzen und auf die Erfahrungen der Betroffenen zu hören, denn genau dieser Ausschluss aus den Studien macht vielen uns jetzt das Leben schwer! 

Eine bessere Aufklärung und Forschung über den Zusammenhang zwischen Hormonen und ADHS ist meiner Meinung nach absolut notwendig.

Menschen mit ADHS erleben viel Gaslighting

Genau darum ist es zentral, dass wir uns selbst gut informieren und bei Fachleuten für unsere Bedürfnisse einstehen. Viel zu oft werden unsere Erlebnisse kleingemacht oder ignoriert.

Indem wir unsere Erfahrungen teilen und die Lebenswelt von Menschen mit ADHS sichtbar machen, können wir dessen Bild verändern und für mehr Akzeptanz sorgen. Lasst uns stolz auf unsere bunten Brains sein und uns gegenseitig unterstützen!

Written by: Simone Eppler, Communication- and Self-Empowerment Consultant & Coach, 
Mental Health Advocate & Mental Health First Aider

Photo Credit: Unsplash

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